< Blog Home    17. Oktober 2022 

Schonende Mahd und Altgras für mehr Artenvielfalt

Titelbild: Mahd MItte Oktober 2022


In unserem Naturgarten haben wir in den letzten Tagen wieder eine Hälfte unserer Wiesen mit der großen Akku-Motorsense schonend in mehreren Zyklen gemäht. (Staffelmahd). Dabei achten wir stark darauf, nicht zu tief zu mähen, da sich im Herbst in der unteren Krautschicht und der Streuschicht noch das meiste Leben abspielt.


Den Rest haben wir als Altgrasstreifen ungemäht stehen gelassen. Im nächsten Jahr wird wie immer gewechselt. Wir erproben dieses Mahdkonzept (Staffelmahd im jährlichen Wechsel) bereits seit einigen Jahren und unser diesjähriges Insektenmonitoring scheint die positive Wirkung für die Artenvielfalt zu bestätigen.


Warum lassen wir soviel ungemäht?


Viele Kleintiere halten sich gerne in ungemähten Wiesen auf. Lassen wir beim Mähen einen Teil stehen, verbessern sich die Entwicklungsbedingungen für viele der dort lebenden Arten. So haben Schweizer Forscher mehr als fünfmal so viele Heuschrecken in ungemähten Streifen nachgewiesen als in einer gemähten Wiese (Humbert et al. 2010, Agroscope Reckenholz-Tänikon)*.


Warum nicht einfach alles stehen lassen?


Alles stehen zu lassen würde die Artenvielfalt langfristig stark verringern. Es würden sich zunächst nur wenige Wiesenpflanzen durchsetzen, dann würde sich bei uns der Hartriegel stark ausbreiten und in einigen Jahrzehnten würde der Garten verwalden. Wärmeliebende Arten wie die Zauneidechse oder typischen Wiesenbewohner wie Grashüpfer, Wespenspinnen und viele Falter würden verschwinden.


Bild: Naturgarten Langenau, Kokon einer Wespenspinne am 16. Oktober 2022


Rückzugsmöglichkeit und Deckung


Ungemähte Altgrasstreifen bieten Rückzugsmöglichkeit und Schutz vor Fressfeinden. Außerdem ist das Mikroklima hier für viele Tiere günstiger als in frisch gemähten Flächen: Die Feuchtigkeit ist höher, die Temperaturen sind ausgeglichener. Dies ist z. B. für Heuschrecken ideal. Reptilien wie die Zauneidechse oder noch flugunfähige Jungvögel verstecken sich gerne in hoher Vegetation. Auch im Winter ist das Altgras sehr wichtig. Viele Laufkäfer brauchen das Altgras als Unterschlupf. Andere Arten überwintern in einem Stadium, in dem sie auf Altgras angewiesen sind: z. B. die jungen Wespenspinnen in Kokons an den stehengebliebenen Stängeln. Siehe hierzu auch unseren Blogbeitrag zu den Wespenspinnen.


Nahrungsgrundlage


Grundsätzlich sind Wiesenpflanzen auch Futter für verschiedene Tiere: z. B. sammeln Wildbienen, Schwebfliegen, Schmetterlinge und andere Insekten Pollen und Nektar an stehengelassenen Blüten. Viele Insekte oder samenfressende Vögel profitieren vom höheren Nahrungsangebot im Altgrasstreifen. Und Netzspinnen brauchen das ganze Jahr Halme oder Stängel zur Befestigung ihrer Netze, um Beutetiere fangen zu können.


Lebenszyklus und Fortpflanzung


In stehengelassenen Streifen können Eier, Raupen oder Puppen von Insekten, sowie Spinnen ihre Entwicklung vervollständigen. So legen z.B. einige Zikaden ihre Eier in Halme, Widderchen oder Schwalbenschwanz überwintern als Puppe im Altgras. Einige Schmetterlingsarten wie z.B. das Schachbrett legen ihre Eier nur in ungemähte Wiesen. Wiesenvögel finden hier Brutplätze. Und auch viele spät aussamende Pflanzenarten können sich nur fortpflanzen wenn sie nicht zuvor abgemäht werden.


Bild: Naturgarten Langenau, Unterschlupf für Igel & Co. aus Paletten und Schnittmaterial


Was tun mit dem Schnittgut?


Früher haben wir noch Pferdeheu gemacht. Inzwischen verwenden wir das Schnittgut vor allem als Mulchmaterial für unsere Beete. Einen Teil des Schnittguts haben wir dieses Jahr übrigens auf zwei Paletten abgelegt (siehe Bild oben). Der Gedanke dahinter ist, dass ein geschützter Holhraum unter dem Heu bleibt und durch den Verrottungsprozess etwas Wärme entsteht. Vielleicht wird das ja vom einen oder anderen Igel als Überwinterungsmöglichkeit angenommen.


Potential in der Landwirtschaft


Nicht alles läßt sich vom Naturgarten 1:1 in die Landwirtschaft übertragen. Das Prinzip ist aber das gleiche: Je nach Grösse der Streifens und je nach Tierart kann nämlich schon ein relativ kleiner Anteil an stehengelassener Wiesenfläche dazu beitragen, das Vorkommen mancher Arten langfristig zu erhalten. Wenn 5-10 % der Fläche in Streifenform stehengelassen werden, überleben ca. 40 % der in der Wiese vorkommenden Tiere den Ernteprozess* (bei Pestizideinsatz natürlich massiv weniger). Würde dann auch nicht tiefer als 10 cm gemäht und käme dazu noch ein faunaschonendes Mähwerk (z.B. Scheibenmähwerk ergänzt um Hochschnittkufen und Aufscheuchrechen) zum Einsatz, dann wäre für den Artenschutz sogar noch mehr drin. Wo ein (politischer) Wille, da ein Weg! 



Bild:quelle: AGRIDEA Merkblatt "Ungemähte Streifen in Wiesen"*


* Siehe hierzu auch das Merkblatt „Ungemähte Streifen in Wiesen“ (PDF), herausgegeben von der landwirtschaftlichen Beratungszentrale der kantonalen Fachstellen AGRIDEA (CH).

Anmerkung:


Im "Hortus Netzwerk" gibt es einen ganz interessanten Thread zum Thema Mähen. Vieles (nicht alles) deckt sich mit unseren Erfahrungen, wir finden den Austausch im Hortus Netzwerk sehr wertvoll.

von Oli Zwirner 2. Juni 2025
Vortrag "Artenvielfalt und Klimaschutz im eigenen Garten" Am Mittwoch, den 02. Juli 2025 um 18:30, findet ein Vortrag zum Thema „Artenvielfalt und Klimaschutz im eigenen Garten“ statt. Beginn ist um 18.30 Uhr im Landratsamt Heidenheim (Felsenstraße 36, Raum B 004). Zu Gast ist Oliver Zwirner, u.a. Preisträger des Landesnaturschutzpreises Baden-Württemberg 2024 und aktiv bei der AG Donaumoos Langenau. Oliver erklärt u.a. am Beispiel seines Naturgartens in Langenau (www.naturgarten-langenau.de) mit vielen Bildern den aktuellen Wissensstand zu den wichtigsten Zusammenhängen rund um Artenvielfalt und Klimaschutz. Er zeigt anhand von vielen Praxisbeispielen, was artenreiche Landschaften oder Gärten ausmachen. Seien Sie dabei und lernen Sie nützliche Tipps und Tricks für die Gestaltung von naturnahen Gärten kennen und wie man gleichzeitig das Klima schützt. Das vom Landkreis Heidenheim im Rahmen seiner Klimainitiative gegründete Zentrum für nachhaltige Energieversorgung, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, kurz ZEKK, lädt gemeinsam mit dem Landkreis zur Veranstaltungs- und Vortragsreihe „Klimagespräche“ ein. Dabei haben Bürgerinnen und Bürger sowie Kommunen und Unternehmen die Möglichkeit, sich zu unterschiedlichen Themen im Bereich des Klimaschutzes zu informieren.
von Oli Zwirner 31. Mai 2025
Nachtaktive Insekten werden von künstlichen Lichtquellen vor allem im kalten Spektrum und mit hohem UV-Anteil angezogen, da sie sich eigentlich am weißlichen Licht des Monds (Farbtemperatur ca. 4.000 Kelvin) orientieren. Im Gegensatz zum Mond weisen künstliche Lichtquellen den Insekten nämlich den falschen - oft tödlichen – Weg: Die Tiere verlieren die Orientierung, sterben an Erschöpfung, gelangen in die Leuchtgehäuse und verbrennen oder verhungern dort, weil sie nicht mehr hinausfinden. So fehlen Milliarden Insekten mit weitreichenden Folgen für ganze Ökosysteme. Die lichtsensiblen Glühwürmchen sind vielerorts bereits ausgestorben und auch Vögel und Fledermäuse werden durch künstliche Lichtquellen direkt oder indirekt gefährdet. Titelbild: LED Licht an unserem Hauseingang (2.500 K, 5 W, Streulicht räumlich nach oben durch den Dachüberhang begrenzt, zeitlich begrenzt durch einen Bewegungsmelder) Praxistipps für die Außenbeleuchtung Licht ohne UV-Anteil verwenden (z.B. Umstieg auf LED) Warmweiße LEDs benutzen (kleiner 2.500 Kelvin, ideal ist die Farbtemperatur „Amber“ mit 1.800 - 2.200 Kelvin). Auf geschlossene Leuchtengehäuse achten Nur dort beleuchten, wo es notwendig ist (z.B. Keine Pflanzen wie z.B. Bäume beleuchten, Wege bodennah ausleuchten) Lichtintensität so gering wie möglich Streulicht, insbesondere nach oben vermeiden oder begrenzen Licht nur bei Bedarf einschalten (Bewegungsmelder)
von Oli Zwirner 25. Mai 2025
Familienausflug am So. 25. Mai 2025: Tag der Artenvielfalt im Langenauer Ried
von Oli Zwirner 8. Mai 2025
Am Freitag den 2. Mai besuchte uns das RegioTV-Team in unserem Naturgarten in Langenau. Nach etwa zwei Stunden Interview, Film- und Drohnenaufnahmen war alles im Kasten. Ich denke, es hat allen viel Spaß gemacht, mir auf jeden Fall. Im Anschluß musste das Rohmaterial noch bei RegioTV geschnitten, nachvertont und mit einigen Bildern ergänzt werden. Es ist sicherlich eine hohe Kunst, jemanden wie mich, der auch gerne 4 Stunden am Stück referiert, in ein 4-minütiges Video zu packen ohne den Gesamtkontext zu verlieren. Das Team hat hier aus meiner Sicht das Bestmögliche daraus gemacht :-)
von Lisa Zwirner 22. April 2025
Wir hatten am Ostersamstag ausnahmsweise ein paar Stunden Zeit und die spontane Idee, noch einen kleinen, lichtdurchfluteten Teich zu machen. Den Miniteich an unserer Kräuterschnecke mitgerechnet ist das jetzt Teich Nummer 6. Recycling-Vlies und EPDM-Kautschukfolie hatten wir noch von unserem Lichtteich-Projekt übrig, so dass es für eine Wasserfläche von ca. 2,5 qm mit einer maximalen Tiefe von unter 30 cm gereicht hat. Nur ein paar Stunden Arbeit Zu zweit haben wir etwa 4-5 Stunden benötigt, vom Aushub der Grundform über die Modellierung, das Abstechen der Grassode zur Ufergestaltung, die Verlegung von Vlies und Folie sowie das Einbringen des Kies. Als Erstbepflanzung haben wir einheimische Wildpflanzen wie Sumpfschwertlilie, Tannenwedel, Zungenhahnenfuß und Armleuchter-Algen aus den bestehenden Teichen verwendet. Da kommt sicher noch was dazu. Gemessen am Aufwand läßt sich das Ergebnis doch sehen, oder?
von Oli Zwirner 17. April 2025
Unser Storchennest steht noch keine drei Wochen und wird fast täglich von Störchen angeflogen. Bebrütet wird es noch nicht, dafür kommt regelmäßig ein Storch vorbei der die Weidenzweige abbaut (Titelbild). Gestern haben wir dann zum ersten Mal ein Storchenmännchen im Nest beobachten können, der eindeutig Balzverhalten gezeigt hat (u.a. lautes Klappern und Kopf in den Nacken). Diese Männchen wurde jedoch kurze Zeit später von einem anderen (vermutlich) Storchenmännchen vertrieben, der das Nest dann selbst für einige Zeit besetzte. Zum Glück ohne das Nest zu demontieren ;-). Wir sind gespannt, wann das Nest erstmalig bebrütet wird. Dieses Jahr wird es wahrscheinlich nichts mehr, aber für die nächste Brutsaison haben wir große Hoffnung.
von Oli Zwirner 6. April 2025
„Einsatz mit Elan – Menschen für Naturschutz begeistern“ Umweltministerin Thekla Walker hat uns für unser Projekt „Naturgarten Langenau – mit allen Sinnen für den Artenschutz begeistern“ am 5. April 2025 den Landesnaturschutzpreis 2024 in Stuttgart verliehen. Die mit insgesamt 30.000 Euro dotierte Auszeichnung steht dieses Jahr unter dem Motto „Einsatz mit Elan – Menschen für Naturschutz begeistern“. Der Landesnaturschutzpreis 2024 zeichnet vorbildliche Initiativen und Aktivitäten aus, denen es gelingt, andere Menschen für ein Engagement im Naturschutz zu begeistern und Aktive zu gewinnen.
von Oli Zwirner 1. April 2025
Ihr habt Lust, euren Garten, Balkon oder eure Terrasse in ein insektenfreundliches Blütenparadies zu verwandeln? Ihr wolltet schon immer andere Menschen kennenlernen, die sich ebenfalls für die biologische Vielfalt engagieren? Vielleicht seid ihr auch Lehrer*in, Firmenchef*in oder im Vereinsvorstand und hegt den Wunsch, in einer Gemeinschaftsaktion eine Naturoase auf dem Schul-, Firmen- oder Vereinsgelände zu gestalten? Dann seid ihr hier genau richtig! Willkommen beim Deutschland summt!-Pflanzwettbewerb. Bereits seit 2016 gärtnern Jung und Alt bei uns um die Wette. Mit beachtlichem Erfolg. Auch in diesem Jahr veranstaltet die Stiftung für Mensch und Umwelt , den Wettbewerb wieder – diesmal in seinem 10-jährigen Jubiläumsjahr. Als Mitglied der Hauptjury ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, dass ihr dabei seid! Der Wettbewerb startet am 1. April und endet am 31. Juli. Hier geht's zu Wettbewerbsseite: https://wir-tun-was-fuer-bienen.de NEU: Kennt ihr schon die Jubiläumsbroschüre "10 Jahre Deutschland summt! -Pflanzwettbewerb" ?
von Oli Zwirner 30. März 2025
Gestern war es soweit: Nach einigen Wochen Vorbereitung konnten wir endlich unser Storchennest aufrichten. Kurz nach 11 stand dann das Nest. Keine 2 Stunden später fand die erste Wohnungsbesichtigung statt – Weltrekord. Wir fiebern jetzt dem Tag entgegen, an dem das Nest bebrütet wird. Der Naturgarten ist gut mit Störchen frequentiert und in der Innenstadt werden geeignete Standorte langsam rar. Daher sehen wir gute Chancen, dass das Nest in dieser oder in der nächsten Brutsaison angenommen wird. Wir werden berichten.
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